Rheingau Weintour
Die Sonne strahlt über dem Rheingau. Die besten Voraussetzungen für einen perfekten Sonntag, auch wenn uns der Wetterbericht eines Besseren belehren wollte, ein Glück, dass wir diesem nicht vertraut haben. Und so sitzt unsere kleine Reisegruppe bei Ihrem Sonntagsausflug im Regionalzug nach Hattenheim, der pünktlich um 10:52 Uhr am Bahnhof hält. Gut gelaunt steuern wir unseren Ausgangspunkt, die Vinothek Weinpunkt, an. Unsere Gastgeberin Wilma Herke ist noch mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt und begrüßt uns mit einem fröhlichen 'Guten Morgen'. Um die 20 offene Weine und Sekte wollen uns zum Bleiben verführen und die erste Station unserer Wanderung wäre auch fast die letzte gewesen. Wir entscheiden uns dafür, dass ein Gläschen Sekt genau der richtige Start in diesen wunderbaren Tag ist. Zudem stehen mit Barth und Lang auch zwei Häuser auf der Karte die ihr Handwerk verstehen. Für alle die sich bei der großen Auswahl nicht entscheiden können besteht die Möglichkeit einer kleinen Verkostung für 5 €. Von unserem Platz betrachten wir das morgendliche Treiben in Hattenheim, wie der Ort langsam erwacht. Wir halten unsere Nasen in die Sonne und es fällt uns schwer aufzubrechen. Aber es locken noch weitere Weingüter und so brechen wir zu unserer kleinen Wanderung auf.
Der Kampf mit unserer provisorischen Wanderkarte führt zu einigen Problemen in der Navigation und zu ersten kleinen Diskussion. Das anfangs schöne Wetter lässt uns die zusätzlich gelaufenen Meter aber schnell vergessen. Allerdings macht es sich langsam daran zu beweisen, dass ein Wetterbericht auch einmal zutreffen kann. Auf der Terrasse der Klosterschänke müssen wir dann unsere Jacken auspacken, trotzen dem Wetter und rücken einfach ein bisschen enger zusammen. Aus der regional geprägten Karte wählen wir eine Steinberger Rieslingsuppe und Hessische Kartoffelsuppe, um uns ein bisschen aufzuwärmen, dazu passend ein 2013 Kloster Eberbach Riesling trocken. Der tolle Anblick des Klosters – welches man unbedingt auch einmal von innen besichtigen sollte – und die anregenden Gespräche lassen uns die Zeit und das Nieselwetter schnell vergessen.
Gestärkt geht es auf den nächsten Abschnitt unserer Wanderung entlang des Rheinsteigs. Als uns eine Gruppe mit Lamas entgegen kommt, waren wir nicht mehr ganz sicher, ob wir jetzt komplett falsch abgebogen waren oder der Wein doch stärker wirkt als gedacht. Zum Glück stellt sich heraus, dass die Lamas keine Halluzination sind und wir uns auch noch auf dem richtigen Weg befinden. Die Gruppe macht zur Entschleunigung Lamatracking durch den Rheingau. Was für die einen das Lama, ist für die anderen der Wein und ich möchte nicht tauschen. Die Strecke zwischen Kloster Eberbach und Schloss Vollrats ist mit knapp 8 km der längste Abschnitt der Wanderung. Schnell bereuen wir, keinen Proviant mitgenommen zu haben. Die Kehlen werden trocken und sehnen sich nach einem Schluck vom goldenen Saft, den schon die Römer verehrten. Die Wegwahl ist weiterhin der größte Diskussionspunkt und die eine oder andere Schleife nicht unvermeidbar.
Trotz Nieselwetter ist der Hof des Schlosses gut besucht. Innerlich ausgetrocknet - von außen hält uns ein feiner Nieselregen feucht - steuern wir zielstrebig den Ausschank an. Die Weißweinauswahl beschränkt sich auf Riesling in den unterschiedlichsten Spielarten wobei der Sekt eine besondere Erwähnung verdient. Bei Sonnenschein ist Schloss Vollrats der ideale Platz um seine Seele baumeln zu lassen. Man wird von einem vielstimmigen Vogelzwitschern begrüßt, im Schlosssee plätschert das Wasser aus einer großen Fontäne und die Schlossmauern machen die Welt um einen herum vergessen. Nur heute will die Sonne nicht mehr zum Vorschein kommen.
Unserer guten Laune macht dies keinen Abbruch, in fröhlicher Weinlaune starten wir zur letzten Station unserer Wanderung, dem Weingut Hamm. Der Innenhof des Weinguts wirkt verführerisch, der Nieselregen hat am Ende die besseren Argumente und so ergattern wir die letzten freien Plätze in der edlen rustikalen Weinstube. Bio wird auf dem Weingut großgeschrieben. Das Weingut ist komplett auf biologische Wirtschaftsweise umgestellt und auch auf der Karte finden sich viele Zutaten aus biologischem Anbau und dem hauseigenen Garten. Die Entscheidung fällt uns schwer ob Käsesoufflé, HammBurger, Wisperforelle oder Zisterzensier Brot, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Hungrig bestellen wir gefühlt einmal die komplette Speisekarte. Gespannt sitzen wir vor unseren Tellern, das Essen schmeckt frisch und extrem lecker und egal ob Hammlet, Alte Rebe oder Blanc de Noir, die Weinbegleitung passt perfekt.
Glücklich, satt und begleitet von einer Weinflasche –nochmal sollen unsere Kehlen nicht mehr trocken werden - brechen wir Richtung Bahnhof Oestrich-Winkel auf, um unsere Bahn zurück nach Frankfurt zu nehmen, erfüllt von einem perfekten Tag.
Wanderung: ca. 14 km (2,5 Std-4 Std) - Stark abhängig vom Weinkonsum auf der Strecke
Einkehren: Weinpunkt, Kloster Eberbach, Schloss Vollrats, Weingut Hamm
Streckenprofil: Mal geht es rauf und mal geht es runter. Meistens im Weinberg, teilweise auch im Wald.
Was fürs Auge: Kloster, Schloss und ein toller Ausblick über den Rheingau